Glockenapfel

Glockenapfel

Glockenapfel

Am 18. Februar 2023 führten die Harburger Obstbaumfreunde ihre erste Pflanzaktion im Rahmen ihres Bestehens durch. Am Rennerspitz sollte der überalterte Bestand um Jungbäume ergänzt werden, die Obstsorten tragen, die etwa bei Versteigerungen sowohl den Gaumen besser ansprechen als auch eine vielseitigere Verwendung sicherstellen.
Darunter fiel die Wahl auch auf den „Glockenapfel“.
In Heroldingen gibt es davon einen Altbaum in Privatbesitz am Burgberghang.
Das Alter dieser Sorte ist anscheinend nicht bekannt. Fest steht aber, dass sie aus dem Alten Land bei Hamburg stammt – einer Gegend, die so etwas wie das nördliche Gegenstück zum Apfelanbaugebiet am Bodensee darstellt. Vom dortigen Landkreis Harburg (Ja, den gibt es!) sind sogar schon verschiedene Edelreiser aus dem Stadtgebiet angefordert worden.
Der „Altländer Glockenapfel“, „Weiße Winterglockenapfel“ oder „Schweizer Glockenapfel“ sind Namen für ein und dieselbe Sorte, auch „Echter Glocken“ genannt. Typisch für die Äpfel ist eben ihre glockenförmige Form sowie die Tatsache, dass sie erfrischend säuerlich schmecken und lange lagern können.
Beim Baumschnitt ist Fachkunde gefragt, denn einerseits neigt diese Sorte zum vorzeitigen Altern („Verkahlen“), andererseits zur Bildung senkrechter (Jung-)Triebe. Wer hier nach dem Motto handelt, alles, was nach oben wächst, einfach abzuschneiden, braucht sich nicht zu wundern, wenn der Schuss irgendwann endgültig nach hinten los geht. Zur Beruhigung sei bemerkt, dass der Wuchs des Glockenapfelbaumes anfangs stärker, später schwächer wird. Gerade dann ist es wichtig, immer wieder Jungtriebe zu generieren. Mit der Baumvergreisung verhält es sich wie mit einem Dorf: Hält man dort keine Jüngeren, stirbt es irgendwann aus.

Steckbrief:
Baum: mittelstark wachsend, später schwächer; im oberen Bereich büschelartig verzweigte Langtriebe an der Basis zur Verkahlung neigend
Blüte: mittelspät, sehr guter Pollenspender
Schale: grünlich gelb, sonnenseits mitunter ziegelrot angehaucht
Frucht: weißes Fruchtfleisch, feinsäuerlich, erst später saftiger werdend
Pflückreife: ab Mitte Oktober
Genussreife: Januar
Haltbarkeit: April

Ralf Hermann Melber, 6. September 2023

Goldrenette aus Blenheim

Goldrenette aus Blenheim

Goldrenette aus Blenheim

In Schlachten auf dem Schellenberg und bei Höchstädt 1704 siegte der Herzog von Marlborough aus England. Im Englischen benennt man die Höchstädt-Schlacht nach dem nahen Blindheim: „Battle of Blenheim“. Doch es gibt ein echtes „Blenheim“. Im Schlosspark jenes Herzogs im englischen Woodstock wurde 1740 erstmals eine bestimmte Apfelsorte gefunden. Benannt wurde sie nach dem benachbarten Landsitz: Die „Goldrenette aus Blenheim“ war geboren. Sie ist mit der Zeit auch in Deutschland heimisch geworden und wird nach wie vor von Baumschulen vertrieben.
Eigentlich braucht ein Apfelbaum dieser Sorte keine allzu häufigen Schnittmaßnahmen. Genau diesen sah sich seit Mitte der Jahrtausenderwende aber ein Exemplar in Heroldingen ausgesetzt, weil sich abwechselnd verschiedene Baumschneider mit gegensätzlicher Ausrichtung daran machten. An dieser Stelle sei erwähnt, dass es kein häufiges Erlebnis ist, zwei Baumpfleger, die sich einig sind, auf einmal anzutreffen. Tatsächlich gibt es verschiedene Kronenerziehungsformen, etwa den alten Etagenschnitt, wo nicht nur die unteren Leitäste dominieren. Dagegen schwappte aus der Schweiz die durchaus sinnvolle Erziehung einer „Oeschbergkrone“ herüber, die von starken, unteren Leitästen und einem noch stärkeren, gerade nach oben verlaufenden Hauptast geprägt ist, entlang dessen sich „Trittäste“ mit reichlich Fruchtholz bilden. „Du defsch dean fei net so auslada lossa“, monierte einer. Doch ein anderer stellte fest, dass die Goldrenette von Blenheim naturgegeben breit ausladend wächst, dazu stark und gut verzweigend. Wer den Platz für einen entsprechenden Baum nicht hat, sollte sich für eine andere Sorte entscheiden, anstatt ständig gegen die Natur zu kämpfen und Wasserschosse zu produzieren. Gerade triploide Sorten (schlechte Pollenspender) wachsen meist stark.
Der Baum wünscht einen warmen Platz und keine schweren Böden. Auf den meisten Standorten trägt er nicht viel, weshalb eine geschützte Lage in Kombination mit richtiger Pflege eher die gewünschten Ergebnisse bringt. Die Frucht ist nämlich sehr aromatisch mit walnussartigem Geschmack.

Steckbrief:
Baum: stark und ausladend wachsend, nährstoffreicher, kräftiger Boden nötig, später Ertrag, krebsanfällig, kaum Schorf (Äste gut auslichten und freistellen)
Blüte: mittelfrüh, witterungsempfindlich, triploid
Schale: ledrig, trocken, matt- bis trübrot, zahlreiche Schalenpunkte
Frucht: relativ groß, wenig saftig, typische Würze, nussig-edler Geschmack
Pflückreife: Anfang Oktober
Genussreife: ab November
Haltbarkeit: mitunter bis März

Ralf Hermann Melber, 15. Mai 2022

Gräfin von Paris

Gräfin von Paris

Gräfin von Paris

Birnen enthalten ebenso wie Äpfel Flavonoide. Ihr gelber Farbstoff gab diesen sekundären Pflanzenstoffen aus dem lateinischen Wort „flavus“ ihren Namen. Dabei handelt es sich um eine Untergruppe der wertvollen Polyphenole. Flavonoide senken das Risiko für bestimmte Krebs- und Herz-Kreislauf-Krankheiten. Sie wirken antioxidativ, blutdrucksenkend, antibiotisch und entzündungshemmend. Sie beeinflussen das Immunsystem und haben durch ihre neurologischen Wirkungen einen positiven Einfluss auf kognitive Fähigkeiten. Wir müssen somit nicht immer in die Ferne schweifen, wenn das Gute so nah ist.
Unter den alten Birnbäumen in Donau-Ries dürfte die „Gräfin von Paris“ als häufigste Sorte vorkommen. Ein William Fourcine züchtete sie eins im französischen Dreux und widmete sie der Comtesse de Paris. Viele gute Birnensorten verdanken wir gerade den Franzosen, doch hat der Anbau von Birnen in Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg zugunsten der Importe aus dem Süden stark abgenommen. Dabei hatte der preußische Gartenkünstler Peter Joseph Lenné im 19. Jahrhundert um die 480 Birnensorten allein in Potsdam kultiviert. Birnen geraten bei uns sehr gut – auch die Gräfin von Paris, deren Qualität in kälteren oder nassen Lagen leidet und dort von einem Buchautor geschmacklich gar einmal als „bessere Rübe“ bezeichnet wurde. In unseren Breiten ist die haltbare Tafel-, Kompott- und Saftbirne aber recht gut angekommen. Erntet man sie so spät wie möglich – was je nach Jahr Ende Oktober sein kann – ist der beste Genuss sicher. Damit Herbststürme nicht über Nacht Fallobst produzieren, sollte rechtzeitig geprüft werden, ob der Stiel sich bereits leicht vom Zweig löst, um dann sogleich – beginnend auf der Sonnenseite – zu ernten. Sonnige Jahre bescheren einen feinen Geschmack. Der Baum selber ist ein guter Pollenspender, weshalb Birnbäume, die diese Eigenschaft nicht besitzen, in der Nähe eines solchen stehen sollten. Früher Ertragseintritt, hohe Ernteerträge und wenig Schorfanfälligkeit sind weitere Merkmale der „Gräfin“. Birnbäume entwickeln tatsächlich eine birnförmige Kronenform, weshalb der Mitteltrieb mit der Spitze ruhig in diesem Verhältnis zu den seitlichen Leitästen stehen sollte.
Auf städtischen Streuobstflächen ist die Sorte wie folgt nachgewiesen: Unter den ersten Bäumen, die die Obstbaumfreunde Harburg im Herbst 2022 pflanzten, wurde ein Exemplar dieser Sorte auserkoren und am Rennerspitz oberhalb des unteren Burgparkplatzes gepflanzt. Ein stattlicher Altbaum, der vor der Flurbereinigung noch einem Heroldinger Wirt gehörte, steht bei Heroldingen in Richtung Markhof. Ein weitere „Grafin von Paris“ im Heroldinger Ried wurde aufgrund der Hochzeit eines Ehepaars in Spanien von einer örtlichen Familie gespendet.

Steckbrief:
Baum: mittelstarker Wuchs, breite Pyramidenform, eher wenig Verzweigungen
Schale: grau-, später gelbgrün, sortentypische, braune Rostkappe im Kelchbereich
Blüte: früh bis mittelfrüh, guter Pollenspender
Frucht: mittelgroß bis groß, bei guter Baumlage und Jahreswitterung saftig schmelzend mit leicht würziger Säure
Pflückreife: Oktober (spät ernten)
Genussreife: ab Dezember
Haltbarkeit: mindestens Februar

Ralf Hermann Melber, 19. Februar 2023

Gute Luise

Gute Luise

Gute Luise

Westlichster Punkt des Naturparks Altmühltal. Landkreismitte. Dorfmitte. Stammmitte. Herzmitte. Mit diesen Schlagbegriffen sind Standort und Erlebnis mit einem bestimmten Birnbaum beschrieben. Der steht in Heroldingen und ist wohl älter als seine betagtesten Einwohner. Mitten im unteren Stammbereich klafft seit mindestens 1970 eine breite Frostwunde, aus der das graue Holz an der Nordostseite hervorschaut.
Die Birnen sind köstlich. Als Pomologe Hans-Thomas Bosch bei zahlreichen Obstbäumen im Landkreis Sorten ermittelte, stellte sich heraus, dass es sich um einen von zumindest fünf Birnbäumen der Sorte „Gute Luise von Avranches“ handelt. Es gab wohl schon um 1667 eine „Gute Luise“, doch diese war eine klassische Winterbirne, im Gegensatz zur an dieser Stelle zu beschreibenden Herbstbirne, die auch andere Namen hat und 1778 von einem Monsieur de Longueval in Avranches aus Samen gezogen und nach seiner Frau benannt wurde. So kann man also auch seine Liebe bezeugen, ähnlich wie das erwähnte Paar in Heroldingen mit dem dekorativen Herzen.
Besagter Birnbaum steht direkt an einer Mauer, an der einige Meter unterhalb die Wörnitzstraße vorbeiführt. Die Pfahlwurzel gräbt sich senkrecht in den Boden, der hier die nötige Güte aufweist.
Kaum zu glauben, dass die sehr gute Tafel-, Nasskonserven- und Dörrbirne selbst grasgrün im Oktober sowohl am Zweig als auch als Fallobst einen solch erlesenen Geschmack aufweist. Der Baum liebt den eher warmen Standort und belohnt dies mit meist hohem, regelmäßigem Ertrag. Die gute Befruchtersorte befindet sich bei Bienenflug in einer idealen Win-win-Situation mit anderen Birnbäumen in unmittelbarer Nachbarschaft. Nach einem Abbruch der Spitze vor vielen Jahrzehnten bildete sich allmählich wieder ein sortentypisch betonter neuer Hauptast gerade nach oben.
Auf möglichst kalkarmen, nahrhaften Böden ist die für Haushaltszwecke geeignete Birne sehr zu empfehlen.
Im März 2020 ist in Heroldingen ein Jungbaum der Guten Luise innerhalb des Heroldinger Streuobstwiesenbestands gepflanzt worden. Hintergrund war eine Spende mehrerer Jungbäume durch eine der Stadtratsfraktionen. 2023 zogen die Harburger Obstbaumfreunde nach und sorgten durch eine Februarpflanzung am Rennerspitz ebenfalls u.a. für den Erhalt dieser Sorte im Stadtgebiet.

Steckbrief:
Baum: mittelstark bis stark wachsend, alle Erziehungsformen möglich, Holz frostempfindlich, breit anbaufähig
Blüte: mittelfrüh, kurz anhaltend, guter Pollenspender
Schale: glatt, schmutzig grün bis gelb, Deckfarbe verwaschen rötlich braun mit gut sichtbaren Schalenpunkten
Frucht: meist mittelgroß, gelblich-weißes Fruchtfleisch, saftreich, süß, schmelzend, feinwürzige Säure
Pflückreife: ab Mitte September
Genussreife: Oktober
Haltbarkeit: Oktober

Ralf Hermann Melber ist Mitglied im Deutschen Pomologenverein und Obstbaumpfleger.

Ralf Hermann Melber, 5. September 2023

Kaiser Wilhelm

Kaiser Wilhelm

Kaiser Wilhelm Harburg

Im Kreis Neuss am Niederrhein züchtete um 1830 ein Vikar Schumacher einen Sämling, vermutlich aus dem Kern einer „Harberts Renette“, wie sie z.B. noch bei Schrattenhofen steht. Durch molekulargenetische Untersuchungen fand man heraus, dass die damals neu entstandene Sorte „Peter Broich“ identisch ist mit einem angeblich erst 1864 gefundenen Sämling.
Dorflehrer Carl Hesselmann aus Witzfelden bei Solingen war ein schlauer Mann. Er schickte im Jahr 1875 an den „Allerdurchlauchtigsten, Großmächtigsten Kaiser“ Wilhelm I. 35 Äpfel der eben erwähnten Sorte, später einen Baum davon, und erhielt die huldvolle Genehmigung, „diesen wahrhaft majestätischen Apfel“ nach dem Regenten zu benennen. Somit war bis zum Einzug des Niederstamm-Plantagenobstbaus die häufigste Sorte in den bäuerlichen Hochstammgärten hoffähig gemacht. Der „Kaiser Wilhelm“ wurde in der ehemaligen DDR nur „Wilhelmsapfel“ genannt, weil Adelstitel im Arbeiter- und Bauernstaat verpönt waren.
Noch heute befindet sich am Brennhof bei Heroldingen ein ansehnlicher Kaiser-Wilhelm-Apfelbaum. Doch auch unterhalb des städtischen Friedhofs in Harburg scheint sich ein alter Zeitgenosse dieser Art – seit 2023 gestützt auf ein Stück Holz – vor den Gräbern zu verneigen.
Die Früchte können recht groß werden und symbolisieren so die Machtfülle eines Kaisers. Doch gerade dann neigen sie zu Fleischbräune und Stippe. Auch die Bäume wachsen groß und kräftig, weshalb Obstbaumschnitt hier nur mäßig erfolgen soll. Die auf Bestäubersorten angewiesene Blüte hält lang an, weshalb Fruchtbehang in Jahren ungünstiger Witterung eher möglich ist. Die Bäume können recht alt werden. Auch das entspricht Kaiser Wilhelm I., der fast 91 Jahre alt geworden ist. Bald nach seinem Tod entstand ca. 1890 das Lied: „Wir wollen unseren alten Kaiser Wilhelm wiederhaben.“ In Form der Apfelsorte ist dies problemlos möglich, ohne auch nur im Geringsten unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung in Zweifel zu ziehen. Fragt sich nur: Wie müsste ein zu verbreitender Apfel heute heißen, um ihn ebenso erfolgreich zu vermarkten?

Steckbrief:
Baum: sehr starkwüchsig, groß, hochkugelig (kann sehr alt werden)
Blüte: mittelfrüh, triploid, lang anhaltend, frostunempfindlich
Schale: grün-gelb, Sonnenseite hell- bis dunkelrot, flächig oder gestreift gefärbt, deutlich sichtbare, hell umhöfte Lentizellen (Schalenpunkte)
Frucht: mittelgroß bis groß, kugelförmig abgeflacht, teils schwache, breite Kanten, später mehlig
Pflückreife: ab Ende September
Genussreife: ca. Oktober
Haltbarkeit: bis Februar

Ralf Hermann Melber, 19. Februar 2023

Kesseltaler Streifling

Kesseltaler Streifling

Kesseltaler Streifling

Nässe, Frost und kühle Temperaturen sorgten dafür, dass es 2023 trotz zuvor anmutender Blüte kaum zur erfolgreichen Bestäubung von Apfelbäumen kam. Mochten Wildbienen mit niedrigeren Temperaturen noch zufrieden sein, flogen sie dennoch wohl nicht allzu weit. Zuchtbienen der unentbehrlichen Imkerleute hatten ihren Kampf mit den Witterungsverhältnissen.
Auf Heroldinger Flur gibt einige meist hochbetagte Apfelbäume des Kesseltaler Streiflings. Zumindest vier davon trugen 2023 reichlich, während auf den Nachbarbäumen meist nichts hing.
Die Erklärung dürfte sein, dass der Kesseltaler Streifling relativ spät blüht, der nächste Imker nicht einmal einen Kilometer weit weg seinem Hobby nachgeht und noch ein freundlicher Nachbar zu Diensten war: Ein einziger Baum der Roten Sternrenette blühte nämlich gleichzeitig und diente als Bestäuber. Ohne seine Pollen und die Bienen, die sie zu den Kesseltalern flogen, hätte die Bilanz trostlos ausgesehen.
Anderswo sind Ontario- oder Klaräpfel durchgekommen – beides Sorten, deren Blüte relativ frosthart ist.
Es lohnt sich also, über einen gesunden Auf- oder Umbau in Obstbaumbeständen nachzudenken. Bei versierten Baumschulen, Pomologen und Gartenfachberatern kann man sich bei Bedarf einen Überblick über geeignete Pollenspender verschaffen. Ganze Listen existieren in dieser Hinsicht. Warum also sollte man nicht mit aufgefrischtem Wissen darüber über einen kleinen individuellen Beitrag zum Obstertrag in jedem unserer Landkreisorte nachdenken? Die Obstbaumfreunde Harburg und einige andere Akteure im Stadtgebiet sind schon aktiv – auch im Sortenerhalt. Der Kesseltaler Streifling jedenfalls gilt mittlerweile als bedingt gefährdet, weil es noch nicht so viele Jungbäume davon gibt. Die Frucht wird auch Erfurter Streifling genannt, kommt u.a. in Luxemburg und Vorarlberg vor und nennt sich sogar „Schopflocher Friedhofsapfel“ in Anspielung auf einen fränkischen Baumstandort.
Die Franken sprechen vom „Stromer“, die Donau-Rieser vom „Stroimel“ wohl wegen der Streifen. Wenngleich der Kesseltaler mit die häufigste Apfelsorte im Landkreis darstellt und der Landkreis Dillingen mit seinem Kesseltalbereich noch einen großen Bestand aufweist, reicht es wohl nicht aus, gesichert von einer Entstehung in hiesigem Gebiet auszugehen. Die Vorfahren schätzten jedenfalls den starken Ertrag und die allgemeine Robustheit ihrer Kesseltaler schon vor 1900. Die Wirtschaftssorte bringt vor allem guten Saft. Der Verdacht des Autors, dass es sich um einen schlechten Pollenspender handelt, hat sich durch eingehende Nachforschung seitens des Pomologen Hans-Thomas Bosch bestätigt. Derart wichtige Erkenntnisse kann man sich bei Pflanzplanungen zunutze machen, um geeignet gegenzusteuern.
In Mauren steht übrigens ein Altbaum an der Straße Richtung Ebermergen. Unterhalb der Harburg steht zum Zeitpunkt dieser Artikelerstellung noch ein sehr alter, baumpilzbehafteter „Kesseltaler“.

Steckbrief:
Baum: starker Wuchs, ertragreich, robust und frosthart
Schale: deutlich rötlich gestreift
Frucht: mild süßsäuerlich mit gewissem Aroma, Saftapfel
Blüte: spät, schlechter Pollenspender
Pflückreife: September
Genussreife: September
Haltbarkeit: längstens Dezember

Ralf Hermann Melber, 6. September 2023