Erbachhofer Weinapfel

17. Jan 2023

Seit 2021 laufen verstärkt Bemühungen, die Sorten des kommunalen Obstbaumbestands in der Kernstadt Harburgs zu bestimmen. Einige Bäume stehen direkt an der dortigen Grund- und Mittelschule. Mitunter richten die Lehrkräfte ihr Augenmerk darauf, den Schulkindern möglichst Praxiswissen zu vermitteln. So ernteten sie drei Apfelbäume gleicher Sorte ab, um zu beobachten, wie die Früchte in einer Obstpresse zu Apfelsaft werden.
Die Harburger Obstbaumfreunde möchten endlich wissen, welche Schätze eigentlich in ihrem Bereich schlummern. Bei diesen drei Bäumen liegt das Ergebnis vor: Sie tragen den Erbachhofer Weinapfel, von dem man annimmt, dass er vielleicht aus dem Sauerland stammt. An Mosel und Saar – besonders im westlichen Saarland – ist die Sorte sehr häufig kartiert worden. Die Baumschule Fey in Meckenheim (nicht zu verwechseln mit der Baumschule Ley am selben Ort) brachte die Sorte – vermutlich eine Verbesserung des „Trierer Weinapfels“ – 1925 in den Handel. In Nordschwaben handelt es sich beim „Erbachhofer Mostapfel“, wie er auch heißt, offenbar um eine seltene Sorte.
Dabei hat man schon vor 1950 festgestellt, dass der Saft- und Mostapfel robust und eine gute Alternative zum schorfanfälligen Trierer Weinapfel ist, wovon noch Dutzende im Landkreis zu finden sind. Mag der Erbachhofer auch ein kleiner Apfel sein, so sind seine 58° Oechsle (Mostgewichtseinheit) doch eine gute Voraussetzung für die Verwertung. Ob die drei Bäume in Harburg unbewusst oder doch von einem absoluten Kenner gepflanzt worden sind? Jedenfalls ist der Pflegeaufwand bei dieser Sorte gering. Zudem dürfte sie mit ihren guten Pollenspendereigenschaften positive Auswirkungen auf den Ertrag der umliegenden Apfelbäume haben.
Ganz in der Nähe steht alljährlich der Maibaum der Stadt Harburg, geschmückt vom dortigen Obst- und Gartenbauverein, der mittlerweile 100 Jahre besteht. Kleine Obstbäumchen mit Sprüchen und lustigen Informationen zum unschätzbaren Wert der Honigbiene umgaben den Maibaum während seiner diesjährigen Standzeit. Somit haben alle, die in dieser Schule lernen, gesehen, dass Obst nicht im Supermarkt wächst.

Steckbrief:
Baum: mittelstarker Wuchs, hochkugelig, beansprucht guten Boden und warme Lage, sehr fruchtbar, alternierend (alle zwei Jahre ertragsaussetzend) ohne Regulierung
Blüte: mittelfrüh, frostempfindlich, guter Pollenspender
Schale: dunkelrot, teil leicht gestreift, wachsig
Frucht: teils (spitz-)kegelig, klein, saftig, süßsäuerlich bis leicht herb
Pflückreife: ab Ende September
Genussreife: ab Oktober vom Baum
Haltbarkeit: bis März

Ralf Hermann Melber, 15. Mai 2022