Als der Verfasser einmal einen Bestimmungskurs des renommierten bayerischen Pomologen Friedrich Renner besuchte, kam immer wieder die Sorte „Geflammter Kardinal“ zur Sprache. Lageräpfel davon wurden zur Veranschaulichung von Hand zu Hand gereicht.
Wolfgang Subal, ein weiterer Pomologe, der während des Oettinger Apfelmarkts bereits zahlreiche Menschen mit der Bestimmung ihrer Apfel- oder Birnensorte beglücken konnte, fand in der Nähe von Huisheim einen Altbaum des Geflammten Kardinals und empfahl dringend dessen Vermehrung. Bis dahin ist die Sorte im Landkreis wohl noch nicht groß aufgefallen. Auch deshalb haben die Obstbaumfreunde Harburg den Baum mit dem römisch-katholischen Würdentitel bei einer Obstbaumpflanzung berücksichtigt.
Was hat es mit dem Apfel, der u.a. auch „Bischofsmütze“, „Dickapfel“, „Kaiserapfel“, „Straßburger“ oder „Falscher Gravensteiner“ heißt, auf sich?
Seit 1801 geht man von einem Zufallssämling aus dem Norden Deutschlands aus. Von dort wurde die Sorte dann weit verbreitet, weshalb es verwundert, warum sie so selten geworden ist. Schließlich ist der Apfel vielseitig verwertbar, ob als Tafel-, Saft- oder Mostapfel. Das war für die Harburger schließlich ein Kriterium, denn man möchte dort möglichst viele Einheimische für das regionale Obst begeistern.
Angesichts der vielen Vorteile des Geflammten Kardinals verwundert die Seltenheit im Donau-Ries und überhaupt in Nordschwaben. Ob es wirklich daran liegt, dass Äpfel vermeintlich im Supermarkt wachsen oder Apfelbäume vor Jahrzehnten gewinnbringend gerodet werden konnten? Wie auch immer: Die Bäume werden sehr groß und recht alt, sind robust und meckern grundsätzlich nicht an Klima oder Boden herum. Sie tragen regelmäßig und alternieren interessanterweise kaum. Das heißt, dass sie nicht generell etwa jedes zweite Jahr aussetzen. Selbst mit Krankheiten und Schädlingen fällt der „Pleissner Rambur“, wie er auch heißt, nicht besonders auf.
Dass die Kerne sich häufig lösen, lässt ihn zu den „Klapper-“ oder „Schlotteräpfeln“ zählen. Verwechseln können ihn Ungeübte mit dem geschmacklich hervorragenden Gravensteiner. Weil die Früchte nicht windfest hängen, sollten sie im Herbst vor angekündigten Stürmen geerntet werden.
Steckbrief:
Baum: stark wachsend, groß und langlebig, Klima- und Bodenansprüche gering
Blüte: mittelfrüh, lang anhaltend, robust, triploid
Schale: hellgelb mit roten, geflammten Streifen, auf Sonnenseite kaum Schalenpunkte sichtbar
Frucht: saftig und erfrischend, Fleisch grünlich bis gelbweiß
Pflückreife: September
Genussreife: Oktober
Haltbarkeit: Januar
Ralf Hermann Melber, 8. Februar 2025