In früheren Zeiten ist der Apfel mit dem Namen Jakob Lebel weit bekannter gewesen als heute. Besonders Bäckereien schätzten ihn. Am Großen Reisberg in Heroldingen steht noch ein solcher Apfelbaum, dessen Frucht 1922 unter den Äpfeln zu den drei Reichsobstsorten gezählt wurde.
„Zufallssämlinge“ nennt man Apfelbäume, die – aus einem Kern entstanden – ohne Veredelung „zufällig“ eine durchaus brauchbare Frucht hervorbringen. So verhält es sich auch mit jenem Bäumchen, das im nordfranzösischen Armiens ein gewisser Jaques Lebel 1825 gefunden und anschließend aufgezogen hat. Eine Baumschule Leroy brachte den Jakob (französisch: „Jaques“) Lebel, benannt also nach jenem Finder, ab 1849 in den Handel. Zur Orientierung: In diesem Jahr wurde die Riesbahnstrecke zwischen Donauwörth und Nördlingen für den Betrieb freigegeben. Harburg wurde im selben Jahr zur Stadt erhoben.
Der Referenzbaum in Heroldingen hat eigentlich einen geraden Stamm, was darauf hindeutet, dass möglicherweise eine Stammzwischenveredelung vorgenommen worden war. Schließlich neigen die Jungbäume dieser Sorte häufig zur Bildung eines Schrägwuchses, was an vielen Orten gut zu beobachten ist. Man tut wohl gut daran, bei Bäumen dieser Art mehr als einen Pfahl zu setzen und die Stützen dementsprechend nicht zu früh abzubauen, will man dieses Merkmal beim älteren Baum nicht charakteristisch „verewigen“. Veredelung auf einen Stammbildner (Jakob Fischer hierfür gut geeignet) ist hier – wie beim Heroldinger Baum wohl wie erwähnt geschehen – ratsam.
Ob als Tafel-, Wirtschafts- oder Saftapfel: besonders zum Backen ist der Jakob Lebel sehr begehrt und bleibt weiter zu empfehlen. Bäckereien oder Konditoreien sollten unbedingt darauf zurückgreifen, aber auch Hausfrauen und -männer können ihrem Apfelstrudel usw. damit eine besondere Geschmacksnote verleihen. Nicht umsonst heißt die Frucht bei den Schweizern „Chüechliapfel“.
Der Jakob Lebel trägt gut, aber „alternierend“, d.h. in der Regel alle zwei Jahre, wie Bauminhaber dieser Sorte jahrzehntelang beobachten. Wenn die guten Verwertungseigenschaften des Jakob Lebel wieder mehr ins Bewusstsein kommen, könnte der eine oder andere Jungbaum mehr gepflanzt werden. Ein weiterer Pluspunkt besteht darin, dass die Sorte recht gut mit rauen Lagen zurechtkommt.
Steckbrief:
Baum: stark wachsend, breit ausladend, im Alter fast waagrechte Leitäste, für raue Lagen geeignet
Blüte: lang anhaltend, schlechter Pollenspender (triploid)
Schale: gelbgrün, später hellorange, Sonnenseite rot gestreift bzw. „geflammt“
Frucht: mittelgroß bis groß, Schale mit der Zeit auffallend fettig, sehr saftig, später mürbe und leicht säuerlich
Pflückreife: ab Ende September
Genussreife: Oktober
Haltbarkeit: bis längstens Januar
Ralf Hermann Melber, 13. Oktober 2024