Maunzenapfel

14. Jan 2023

Maunzenapfel

Man möge es einmal ausprobieren und einen baumreifen, einladend aussehenden Maunzenapfel ab Oktober dem nächsten Mitmenschen in die Hand drücken. Spätestens wenn das interessierte Gegenüber das Gesicht verzieht, sollte der Auslöseknopf der Kamera gedrückt werden. Nur wenige werden aufgrund des betont säuerlichen Geschmacks keine ungespielte Grimasse schneiden.
Kochen, Saften und sonstige Verarbeitung sind dem Rohverzehr deutlich vorzuziehen, außer, der Frucht wird durch längere Lagerung Zeit gegeben, bis der Geschmack ausgewogener wird.
Im Landkreis sind alle Jahre Bäume mit gelbem Band zur allgemeinen Ernte freigegeben. Ist dies nicht der Fall, gilt es, selbst bei kommunalen Baumbeständen zuerst das zuständige Rathaus zu fragen, ob und unter welchen Bedingungen man sie abernten darf. Dennoch bedienen sich gewisse Zeitgenossen einfach selbst, um z.B. bereits versteigerte Obstbäume einfach abzuernten. Die Geschichte zeigt immer wieder, wie Eigentümer eines Baums in weiter Flur ständig später dran sind als ihr Nächster, der zwar die Frucht sieht und ergreift, jedoch nie den Spaten erblickt und erst recht kein Verhältnis zu Sense und Baumschere hat. Beim Maunzenapfel jedoch merkt es sich der Langfinger und wird mit höchster Wahrscheinlichkeit später von seinem Nervenkitzel lassen. Tatsächlich war die Sorte bald nach ihrem Bekanntwerden ein beliebter, diebstahlsicherer Straßenbaum.
In Holzhausen bei Göppingen fand ein Baumwart mit Namen Maunzen um 1900 die Frucht auf einem Sämling vor. Dem strengen Winter 1928/29 trotzte der Baum mit ausgeprägter Forsthärte. Zur Not kann er sich sogar teilweise selbst bestäuben, doch Goldparmäne, Berlepsch und Rote Sternrenette in der Nähe wird er zu diesem Zweck nicht verachten.
Der Zuckergehalt ist hoch, was man bei hervortretender Säure nicht vermuten will. Es kann vorkommen, dass saure Apfelsorten mehr Zucker enthalten als süßere. Apfelsaft genieße man mäßig, denn der Fruktoseanteil kann den Tagesbedarf an Zucker bei zu hoher Trinkmenge schnell decken.
Die an sich häufige Sorte kommt im Donau-Ries nicht mehr ganz so oft vor, doch in Heroldingen stehen zwei Altbäume im Rieder „Schafgarten“. In Spielberg steht ein viel jüngerer Maunzenapfelbaum auf einer Ausgleichsfläche.

Steckbrief:
Baum: starkwüchsig, gut verzweigend, extrem frosthart und krebsfest, Laub widerstandsfähig, guter Stammbildner als Unterbau gerade für schräg wachsende Sorten
Blüte: spät, guter Pollenspender
Schale: Grundfarbe gelblich grün, sonnenseits verlockend karminrot gestreift und verwaschen
Frucht: klein bis mittelgroß, Verwertungsfrucht
Pflückreife: im Oktober baumreif
Genussreife: Verarbeitung ab November
Haltbarkeit: bis März

Ralf Hermann Melber, 6. September 2023