Rheinischer Winterrambur

10. Feb. 2025

Nach und nach setzt sich die Erkenntnis durch, dass es oft Sinn macht, Baumschnitt im Sommer durchzuführen. Dass Süßkirschbäume oft nach der Ernte geschnitten werden, ist allgemein recht bekannt. Walnussbäume vertragen Sommerschnitt ebenfalls viel besser. Winterschnittwunden „weinen“ gern unmittelbar danach, was je nach Anzahl der Schnitte nicht nur bei Frost problematisch werden kann, sondern auch unnötigen Nährstoffverlust verursacht. Die Monate Juli und August sind am günstigsten, unter Umständen schon Ende Juni. Die Obstbäume bilden meist einen längeren Juni- und einen kürzeren Augusttrieb.
Vielen ist das Ausreißen unerwünschter Wasserschosse ein Begriff. Darüber hinaus können alle überflüssigen Äste – nicht nur dürre –
in dieser Zeit entfernt werden. Der Wundheilung ist im Sommer mitunter besser gedient, weil Abschottung und Kallusbildung besser vorankommen als im Herbst oder Frühwinter. Ein vorausschauender Baumschnitt vermeidet unabhängig von der Baumart jegliche Wunden über 10 cm. Dies funktioniert allerdings nur, wenn die Krone von Anfang an sorgfältig aufgebaut wurde.
Soll Wundverschlussmittel aufgetragen werden? Wenn überhaupt, dann tragen Fachkundige etwaiges Baumwachs nur im Randbereich größerer Wunden auf, um deren Verheilung zu beschleunigen. Ausfransungen müssen vermieden werden. Sind sie durch ungeschickte Schnittführung oder falsche Werkzeugwahl entstanden, kann mit einem scharfen Messer nachgeschnitten werden.
Grundsätzlich bremst Sommerschnitt eher, während Winterschnitt tendenziell anregt. Diese Kenntnis nützt bei der Baumpflege stärker wachsender Arten. Zu ihnen gesellen sich u.v.a. Apfelbäume wie der Rheinische Winterrambur, der, wie andere schlechte Pollenspender, dazu neigt, kräftig zu sprießen. Im Harburger Stadtgebiet gibt es Bäume dieser Sorte zumindest jeweils in Harburg und in Heroldingen. Schon im 17. Jahrhundert war der Winterrambur, der wohl aus den Benelux-Ländern stammt, bekannt. Er ist wie viele andere Sorten reich an wertvollen sekundären Pflanzenstoffen und wohl auch Salvestrolen, deren krebshemmender Wirkung zur Zeit Wissenschaftler hinterher sind. Bis Mitte des vorigen Jahrhunderts handelte es sich noch um eine Marktsorte bäuerlichen Hochstammanbaus. Luftfeuchte Umgebung und durchlässige Böden begünstigen Robustheit und Ertrag der Tafel- und Wirtschaftssorte. Der Winterrambur wächst der Form nach wie sein Apfel, nämlich breit. Die Krone bildet einen Schirm, der sich mit der Zeit wegen schwerer Äpfel bildet.
Die Sorte empfiehlt sich sehr für Streuobstwiesen. Neu gepflanzte Winterrambur-Bäume tragen im Vergleich zu manch anderen Apfelsorten erst Jahre später.

Steckbrief:
Baum: stark wachsend, breit, schirmartig, Mehltau und Krebs möglich, Schorf kaum
Schale: gelbgrün, im Lager ansprechend gelb, Deckfarbe matt bis bräunlich rot
Frucht: mittelgroß bis groß, unregelmäßige, breitkugelige Form, mäßig saftig-säuerlich und schwach aromatisch
Blüte: mittelspät, lang anhaltend, schlechter Pollenspender
Pflückreife: ca. Mitte Oktober
Genussreife: Dezember
Haltbarkeit: April

 

Ralf Hermann Melber, 8. Februar 2025